CO2 kann die Klimabilanz der Chemieindustrie verbessern. Zu dieser Erkenntnis kommt ein interdisziplinäres Forschungsteam um die beiden Chemiker Dr. Christoph Gürtler vom Chemieunternehmen Covestro AG und Prof. Walter Leitner vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion und der RWTH Aachen. Für ihre innovative CO2-Technologie, mit deren Hilfe Kohlenstoffdioxid als Rohstoff wirtschaftlich nutzbar gemacht werden kann, waren sie in diesem Jahr für den Europäischen Erfinderpreis nominiert. „An der Frage, wie Kohlenstoffdioxid als Lieferant für Kohlenstoff für Kunststoffe genutzt werden kann, wird in der Fachwelt seit fast einem halben Jahrhundert gearbeitet“, sagte Walter Leitner in einer Presseerklärung des MPI.
Bislang galt CO2 als Abfallprodukt in der Verwertung fossiler Rohstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas – und damit als Klimakiller Nummer eins. Tatsächlich kann das Kohlen-/Sauerstoff-Gemisch aber eine wertvolle Rohstoffquelle für die chemische Industrie sein und in einigen Bereichen vor allem Erdöl ersetzen. Mithilfe von spezifischen Katalysatoren bringen die Chemiker das sonst sehr träge CO2 dazu, eine Verbindung mit herkömmlichen Rohstoffen einzugehen. Der Strom, der für die Umwandlung nötig ist, kommt dabei aus erneuerbaren Energien. Am Ende des chemischen Prozesses stehen Polymere, die wiederum die Basis für Kunststoffe bilden. Das CO2 ist in den Polymeren fest gebunden und kann so für die Herstellung industrieller Produkte weiterverwertet werden.
Zur Marktreife gebracht hat es auf diese Weise cardyon® Polyol des Chemieunternehmens Covestro, welches zur Herstellung von Schaum- und Klebstoffen verwendet wird. Dank des CO2-Verfahrens enthält das Polyol bis zu 20 Prozent Kohlenstoffdioxid, wo vormals CO2 aus Erdöl gebunden war. Bereits jetzt wird der damit erzeugte Schaumstoff zur Herstellung von Matratzen, Klebern und Sportböden verwendet. In naher Zukunft soll es auch elastische Textilfasern geben, in deren molekularem Gerüst recyceltes CO2 eingebaut ist.