Im Bau beliebt, in der Entsorgung problematisch: Mineralwolle (auch künstliche Mineralfaser – KMF) ist in ihren verschiedenen Ausführungen als Schlacken-, Glas- und Mineralwolle neben expandiertem Polystyrol der am häufigsten verwendete Dämmstoff. Entsprechend massereich fällt der Baustoff bei Abriss- und Rückbauarbeiten als Abfall an, was zwei Probleme mit sich bringt: Erstens ist vor 1998 produzierte Mineralwolle karzinogen und somit aufwendig als gefährlicher Abfall zu entsorgen. Zweitens kann das Material aufgrund seiner geringen Dichte zu unstabilen Deponiekörpern führen und somit zu einer Gefahr für die Standsicherheit von Deponien werden. Eine Forschergruppe um Theresa Sattler an der Montanuniversität Leoben ist derzeit dabei, beide Probleme zu lösen.
RecyMin heißt das Projekt, in dem die Montanuniversität Leoben zusammen mit den beiden Unternehmen Porr Umwelttechnik und Lafarge Zementwerke vier Ansätze zur Lösung der Entsorgungsprobleme untersucht: 1. innovative Deponierung, 2. Entwicklung eines Versatzprodukts aus Mineralwollabfällen für den untertägigen Bergbau, 3. Entwicklung eines Konzepts zum Einsatz von Mineralwollabfällen als Ersatzrohstoff in der Zementindustrie sowie 4. Rückführung von Mineralwollabfällen in die Mineralwollproduktion. Neben ökologischen Aspekten spielt in der Evaluation möglicher Verfahren vor allem auch die Wirtschaftlichkeit eine Rolle. In dieser Hinsicht halten die Forschenden alternative Deponielösungen für am realistischsten, da Recycling durch die Vermischung von Glas- und Steinwolle sowie durch die zwangsläufige Verunreinigung mit anderen Baustoffen erschwert wird.
Mittlerweile liegen vielversprechende Ergebnisse vor. Den Forschenden ist es gelungen, die KMF-Abfälle so stark zu verdichten, dass ihre Deponierung kein Problem mehr darstellt. Hierzu wurde die Mineralwolle nach einer Zerkleinerung zementgebunden brikettiert. Darüber hinaus konnte das Material bereits zusammen mit anderen Abfällen so konditioniert werden, dass selbst aus der alten, gefährlichen Mineralwolle neue ungefährliche entsteht, die wieder dem Baustoffkreislauf zugeführt werden kann. Alternativ lässt sich die recycelte Mineralwolle etwa in der Zementindustrie u. a. als Kalkersatz einsetzen. Durch Einführung in eine selbsthärtende Bindemittelmatrix kann das Material außerdem im Bergversatz zur Stabilisierung von Hohlräumen eingesetzt werden.
Die Forschungsresultate haben nicht nur Einfluss auf den künftigen Umgang mit dem schwierigen Baustoff, sie zeitigen obendrein Änderungen in der österreichischen Gesetzgebung: Ab 2027 wird das Deponieren von Mineralwolle in Österreich nicht mehr erlaubt sein.