Für Planungs- und Ausführungssicherheit in der Schadstoffsanierung: Sandra Giern, Geschäftsführerin des Gesamtverbandes Schadstoffsanierung (Foto: BDE)
Für Planungs- und Ausführungssicherheit in der Schadstoffsanierung: Sandra Giern, Geschäftsführerin des Gesamtverbandes Schadstoffsanierung
Foto: BDE

Gefahren im Baubestand Schadstoffbeseitigung heute

Bau- und Abbruchabfälle machen mehr als die Hälfte des Abfallaufkommens in Deutschland aus. Eine wichtige Voraussetzung für deren Recycling ist es, Schadstoffe vor Beginn aller Maßnahmen zu identifizieren und aus dem Wirtschaftskreislauf auszuschleusen. Wir haben mit Sandra Giern, Geschäftsführerin Technik beim BDE sowie des Gesamtverbandes Schadstoffsanierung e. V., über häufige Schadstoffe in Gebäuden, erforderliche Abläufe und auch Verantwortlichkeiten bei Sanierungs-, Umbau- oder Abbrucharbeiten gesprochen.

Sehr geehrte Frau Giern, für welche Berufsgruppen und bei welchen Anliegen ist der Gesamtverband Schadstoffsanierung e. V. Ansprechpartner?

Die Mitglieder des Gesamtverbandes Schadstoffsanierung e. V. (GVSS) sind Sanierungsfachbetriebe, Sanierungsfachplaner und -gutachter sowie Fachlabore für Gebäudeschadstoffe. Somit ist der Verband, zusammen mit den Experten aus der Mitgliedschaft, Ansprechpartner für alle Fragen des Schutzes der Gebäudenutzer, des Arbeitsschutzes bei Umbau- und Abbruchmaßnahmen sowie der ordnungsgemäßen Separierung anfallender Abfälle. Schadstofferfassung, -bewertung und -sanierung sind anspruchsvolle Aufgaben, deren sachkundige Ausführung umfangreiches Spezialwissen und Praxiserfahrung erfordert. Leider führen auch heute noch mangelndes Wissen oder fehlende Sensibilisierung der Beteiligten zu erheblichen Risiken und gravierenden Folgeschäden bei Sanierungsprojekten.

Schadstoffe im Baubestand kommen meist erst bei Sanierung, Umbau oder Abbruch zu Tage. Wie schätzen Sie das Schadstoffvorkommen in Gebäuden hierzulande insgesamt ein?

Zunächst sollten wir klarstellen, was Schadstoffe im Gebäude sind. Hierbei steht der Sammelbegriff Schadstoff für sämtliche Substanzen, die entweder als Gefahrstoff (z. B. Asbest) oder als Biostoff (z. B. Schimmel) für den Nutzerschutz, den Arbeitsschutz oder aber die Abfallentsorgung relevant sind. Hierbei können die Schadstoffe mit den verwendeten Baustoffen oder aber auch im Rahmen der Nutzung in das Objekt gelangt sein.

Im Vordergrund stehen eindeutig die Stoffgruppen Asbest, PCB und künstliche Mineralfasern, die über viele Jahre große Verbreitung in verschiedensten Baustoffen erfahren haben. Darüber hinaus haben wir es mit einer Vielzahl weiterer Gefahrstoffe in bauchemischen Produkten (z. B. Kleber, Dichtstoffe, Farben, Holzschutzmittel), aber selbstverständlich auch mit Schimmel und Taubenkot zu tun. Hinzu kommen vielfältigste nutzungsbedingte Schadstoffe im Bereich Gewerbe- und Industriebauten entsprechend den dort verwendeten, branchentypischen Gefahrstoffen.

Die Frage kann schlussendlich nur mit Erfahrungssätzen beantwortet werden. Unsere Mitglieder berichten davon, dass in über 30% der Projekte aus den entsprechenden Baujahren asbesthaltige Spachtelmassen vorliegen, in Zahlen um 10% der Gebäude Bodenbeläge oder deren Unterbau asbesthaltig sind und bei 30 bis 60% der Stahlbetonbauten asbesthaltige Abstandshalter vorausgesetzt werden. Das sind nur drei typische Asbestbelastungsbilder, von denen man sicher bis zu 50 Typen aufzählen könnte, sodass mit den anderen wichtigen Gebäudeschadstoffen wie PCB, PAK oder Schwermetallen die Anzahl der Gebäude, bei denen vor einem baulichen Eingriff die Notwendigkeit einer Erkundung sich schon durch Funde tatsächlich ergibt, an der 90 % Marke liegt. Dabei ist alte Mineralwolle noch nicht einmal mit betrachtet. Wie sagte ein leidgeprüfter Besitzer alter Liegenschaft: „Wir haben verstanden, Asbest ist praktisch in jedem größeren Gebäude enthalten.“

Dipl.-Ing. Sandra Giern

  • Studium Umweltingenieurwesen und Verfahrenstechnik
  • 5 Jahre ingenieurtechnische Tätigkeit im Bereich der militärischen und industriellen Altlastensanierung
  • seit Oktober 2005 Abteilungsleiterin und seit April 2022 Geschäftsführerin Technik beim BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e. V. (BDE), zuständig für die Bereiche: Abfallbehandlung, Logistik, Sonderabfall
  • seit Juli 2016 Geschäftsführerin des Gesamtverband Schadstoffsanierung e. V.
  • seit Juli 2021 Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Recyclingbaustoffe e. V. sowie der Interessensgemeinschaft der Aufbereiter und Verwerter von Müllverbrennungsschlacken

Um das Thema Schadstoffe weiter zu vertiefen: Welche Schadstoffe (in Baustoffen und Verbundmaterialien) sind besonders häufig und welche Gefahren gehen damit jeweils einher?

Nun, ich erwähnte schon Asbest, KMF (alte Mineralwolle), PCB, PAK und Schwermetalle, und hier als häufiger Vertreter das Blei in alten Farben oder in Metallbauteilen. Nicht zu vergessen sind natürlich PCP und andere Holzschutzmittel bzw. Pestizide insgesamt oder auch die Dioxine in seltener aber durchaus kritischer Präsenz. Dies sind Stoffe in und an Gebäuden, die nicht nur ein Gefährdungspotenzial für die Umwelt haben, sondern auch negative Auswirkungen für den Menschen.

Ihre Gefährdung wird durch krebserregende, fruchtschädigende, erbgutschädigende, mutagene oder toxische Wirkungen beschrieben. Die akuten oder auch chronischen Folgen fallen bei jedem Stoff unterschiedlich aus, außerdem spielt die wirksame Dosis, also die Konzentration und Dauer der Exposition bis auf wenige Ausnahmen eine große Rolle.

Aber um die Antwort auf Ihre Frage zu konkretisieren, sollte ich an erster Stelle Asbest nennen. Die krebserregenden Asbestfasern wurden bis zum Asbestverwendungsverbot Ende 1993 für vielfältigste Zwecke in Baustoffen, bauchemischen Produkten und der Gebäudetechnik eingesetzt und sind im Gebäudebestand weit verbreitet. Asbest ist ein Sammelbegriff für mehrere natürliche Faserminerale mit gemeinsamen Merkmalen. Sie teilen sich unter mechanischer Beanspruchung in ein bis zu zwei tausendstel Millimeter kleine Fasern, die insbesondere wegen ihrer Hitze- und Feuerbeständigkeit vielfältig verwendet worden sind. Darüber hinaus sind die feinen Fasern aufgrund ihrer großen Oberfläche als billiger Zuschlagsstoff für vielfältigste Verwendungen interessant gewesen.

Ab 1960 wurden Asbestfasern in zahlreichen Produkten im Bauwesen in Deutschland eingesetzt, davon ausgehend, dass keine Gefahr für den Menschen durch die Fasern bestünde. In den siebziger und achtziger Jahren wurden z. B. asbesthaltige Spachtelmassen und Fliesenkleber vermehrt im Innenausbau verwendet. Bis heute sind überraschend viele Baustoffe mit Asbestfasern in den Bauwerken erhalten geblieben. Kritisch ist, dass durch mangelnde Umsicht bei Sanierungs- und Umbaumaßnahmen auch Kontaminationen von Recyclingstoffströmen mit Asbest erfolgen, die nur durch eine Erkundung und einen geordneten Rückbau mit Getrennthaltung der anfallenden Abbruchmassen erfolgen dürften.

Nicht ganz so weit verbreitet und bereits seit 1984 verboten war die Verwendung von Polychlorierten Biphenylen (PCB). Diese extrem langlebigen organischen Chlorverbindungen beeinträchtigen die Fortpflanzungsfähigkeit, sind fruchtschädigend sowie leber- und neurotoxisch. PCB sind schwer entflammbar, eignen sich sehr gut als Weichmacher und waren billig in der Herstellung. Dauerelastische Fugenmassen, Fugendichtbänder und Anstrichmittel wurden bis Mitte der 1970er Jahre mit PCB hergestellt. Hinzu kommen die bis 1984 mit PCB-Öl gefüllten Kondensatoren z. B. in Leuchtstofflampen. PCB-haltige Dichtstoffe und Farben gasen permanent aus, kontaminieren die Raumluft und gefährden so die Nutzer des Gebäudes.

Gegenüber der Asbestsanierung ist die Sanierung PCB-belasteter Gebäude weitaus anspruchsvoller. Ursache hierfür ist, dass die PCB-Ausgasungen sich in nahezu sämtlichen anderen Bauteilen und auch in dem Inventar anreichern und dort Sekundärquellen für weitere Raumluftbelastungen bilden. Im Rahmen der Schadstofferkundung müssen daher nicht nur die primären PCB-haltigen Bauteile und Baustoffe identifiziert werden, sondern auch relevante Sekundärquellen. Die Einhaltung der baurechtlichen PCB-Raumluftgrenzwerte erfordert somit eine sehr anspruchsvolle Gebäudeerkundung und Sanierungsplanung.

Wie sieht der idealtypische Ablauf einer Sanierung oder eines Abbruchs von schadstoffbelasteten Gebäuden aus?

Ohne eine Erkundung vorab aller Maßnahmen wird es jedenfalls nicht gehen. Danach ist jeder Vorgang für sich ein individuell geplanter Prozess. Die Erhebung berücksichtigt Hinweise aus dem Baujahr, den Baustoffen und Einrichtungen sowie der Nutzerschaft und prüft danach bei einer Begehung das betreffende Bauwerk visuell, sogar geruchlich und durch Beprobungen ab. Für jedes Bauteil und jede Gebäudesituation gibt es dabei spezifische Verdachtsstellen für die mehreren tausend Produkttypen. Aufgrund des charakteristischen Geruches, aber auch nur aufgrund der überwiegend schwarzen Farbe verraten sich z. B. gewöhnlich PAK-Belastungen. Doch der Prüfer kennt auch die eher hellen Naphtalinprodukte und die in den Bauteilen verdeckten Stellen für PAK, also auch in den Horizontalsperren der Mauern oder im Kleber diverser Bodenbeläge. Der Katalog spezifischer Gebäudeschadstoffanwendungen setzt sich in allen Bauteilen weiter fort und variiert überwiegend mit den Baujahren, den Gebäudezwecken und den Bautechniken. Neben den Schadstoffbelastungen durch eingebrachte Baustoffe sind nutzungsbedingte Kontamination, vor allem in Gewerbe- und Industriebauten von Bedeutung.

Nach Auswertung der vorhandenen Unterlagen, ergänzt um die Erkenntnisse aus der Objektbegehung, wird für das Gebäude ein spezifischer Probenahmeplan erarbeitet. Hierbei wird festgelegt, wo mit welcher Technik Proben entnommen werden und auf welche Parameter das jeweilige Probenmaterial zu untersuchen ist. Am Ende der Erkundung liegt ein Schadstoffkataster vor, aus dem Art, Lage und Umfang der vorhandenen Schadstoffbelastungen hervorgehen. Zudem erfolgt eine Bewertung, inwieweit die festgestellten Belastungen für die Gebäudenutzung, für den Arbeitsschutz bei anstehenden Bauarbeiten oder auch für die Entsorgung anfallender Abfälle von Bedeutung sind. Maßgeblich für die Bewertung sind baurechtliche Grenzwerte sowie Richtwerte zur Innenraumluft, Regelungen des Gefahrstoffrechtes sowie Vorgaben zum Recycling bzw. Beseitigung von Abfällen.

Auf Grundlage des Schadstoffkatasters erfolgt die Planung der Sanierungs- oder auch Abbrucharbeiten sowie die Erstellung des dazugehörigen Entsorgungskonzeptes. Hierbei sind, neben den bautechnischen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen, die Erfordernisse des Arbeitsschutzes sowie die Anforderungen der Anlagen zur Aufbereitung oder auch Beseitigung der anfallenden Abfälle zu beachten. Am Ende des Planungsprozesses wird eine Leistungsbeschreibung der auszuführenden Sanierungs- bzw. Abbrucharbeiten erstellt.

Bei der anschließenden Auftragsvergabe dieser Leistungen ist die Auswahl geeigneter Fachbetriebe wichtig, denn der Umgang mit Gefahrstoffen und gefährlichen Abfällen ist nicht trivial. Gerade bei Schadstoffsanierungsarbeiten im Bestand kommt es auf eine sorgfältige Auswahl des zu beauftragenden Sanierungsfachbetriebes an. Denn am Ende der Maßnahme soll eine erfolgreiche Sanierung mit einem gesunden Gebäude stehen.

Die Ausführung der Gebäudeerkundung und -bewertung, der Sanierungsplanung sowie der Bauüberwachung im Rahmen der Ausführung der Arbeiten kann sowohl aus einer Hand als auch in entsprechender Arbeitsteilung erfolgen.

Wo stehen wir beim Recycling von schadstoffbelasteten gefährlichen Bauabfällen? Können auch diese in den Wirtschaftskreislauf zurückfinden und wieder verbaut werden?

Nein, schadstoffbelastete Bauabfälle gehören grundsätzlich nicht in das Recycling, sondern müssen aus dem Wirtschaftskreislauf ausgeschleust werden.

Abbruch- und Rückbaumaßnahmen im Gebäudebestand bergen einen großen Schatz der mineralischen Stoffströme Kies, Sand und Zement. Bundesweit fallen jährlich über 55 Mio. Tonnen dieser mineralischen Abfälle im Hochbau an. Dieses ökologisch und ökonomisch wichtige Wirtschaftsgut gilt es zu schützen.

Wichtig ist dabei auch, die Zusammensetzung der Materialien aus den Abbruch- und Rückbaumaßnahmen zu beachten. Klassische Massivbauweisen (Klinker, Ziegel usw.) wurden ab den sechziger und siebziger Jahren durch den Einsatz von Verbundmaterialien ersetzt. Im Gleichklang mit Leichtbauweisen, Porenbeton, Sandwich-Platten, Beschichtungen und nicht abtrennbaren Dämmstoffen etc. wurden teilweise auch, nach heutigem Kenntnisstand, Gefahrstoffe verbaut. Das hat gravierende Auswirkungen auf die Wiedernutzbarmachung der aus dem Baubestand zurückzugewinnenden Materialien. Daher bedarf es geeigneter Festlegungen zur Erkundung und zum koordinierten Umgang bei Sanierung, Abbruch und Verwertung. Gefahrstoffe werden so ermittelt und gezielt aus dem Wirtschaftskreislauf ausgeschleust und gelangen nicht in das Recycling. Der nicht unerhebliche Stoffstrom der schadstoffbelasteten gefährlichen Bauabfälle (denken wir z. B. an die mit asbesthaltigen Abstandshaltern belasteten Stahlbetonbaumengen), der einer Beseitigung zugeführt werden muss, kann somit auch minimiert werden.

Wer trägt bei Baumaßnahmen für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen die Verantwortung? Wer behält den Überblick zu geltenden Rechtsvorschriften zu Gebäudeschadstoffen?

Der aktuelle Entwurf zur Novelle der Gefahrstoffverordnung (Stand 15.03.2022) sieht die Erkundungspflicht beim Bauherrn vor, was ausdrücklich zu begrüßen ist. Mit der im Jahr 2017 eingeführten Verordnungsermächtigung gemäß Nummer 16 in §19 Abs. 3 des Chemikaliengesetzes war diese Forderung erstmals gewürdigt worden und hatte dem Verordnungsgeber die Möglichkeit gegeben, entsprechende Festlegungen in der Gefahrstoffverordnung zu setzen. Auch als Inverkehrbringer kommt dem Bauherrn bereits die eindeutige Pflicht zu, die Beschaffenheit der anfallenden und an Dritte übergebenen Stoffe zu deklarieren.

Offen bleibt dann die Frage, wie eine Erkundung in Abhängigkeit von Art und Verbreitung von Gefahrstoffen im Objekt durchzuführen ist. Als Stand der Technik liegt hier die im September 2021 im Weißdruck veröffentlichte VDI 6202 Blatt 3 vor, die eine Erkundung in Abhängigkeit von Art und Verbreitung von Asbest beschreibt. Damit ist zumindest für Asbest ein Standarduntersuchungsprogramm für den Baubestand gegeben, denn der VDI stellt einen Standardumfang der Probenahme mit Möglichkeiten der individuellen Anpassung an die Untersuchungsobjekte auf. Grundlegend neu ist auch, dass zu jeder berechneten oder frei gewählten Untersuchungsintensität mit Hilfe der Norm deren statistische Aussagekraft berechnet werden kann.

Eine weitere Schlüsselrolle kommt dem Abfallrecht zu: Wer ist Abfallerzeuger der anfallenden Bau- und Abbruchabfälle und hat somit die Verantwortung für die Untersuchung der Bausubstanz (vor Beginn der Maßnahme) sowie die spätere korrekte Deklaration der anfallenden Abfälle? Das Abfallrecht ist hierzu bislang unkonkret und bedarf einer Klarstellung. Nach § 3 (8) Kreislaufwirtschaftsgesetz ist der Bauherr leider nur ein möglicher verantwortlicher Abfallerzeuger. In der Praxis wird diese nicht eindeutige Pflicht gern an beauftragte Bauunternehmen übertragen und der Bauherr schleicht sich aus seiner Verantwortung. Die Bau-/Abbruchunternehmer sind jedoch an Ort und Stelle nur im Auftrag tätig und nicht unmittelbar Besitzer der Abfälle, somit müsste nach dem Verursacherprinzip grundsätzlich der Auftraggeber als Abfallerzeuger einzustufen sein. Hier bedarf es noch einer klaren Definition des Bauherrn als Abfallerzeuger im Abfallrecht.

Welche Konzepte oder Forschungsarbeiten (z. B. in den Bereichen Schadstofferfassung, Baustofftrennung, Recycling und Gewinnung von Sekundärrohstoffen etc.) bewerten Sie als vielversprechend?

In den nächsten Jahren wird weiter mit einem erhöhten Abfallaufkommen von Bau- und Abbruchmaterialien zu rechnen sein. Baustoffe in Gebäuden haben ein hohes Recyclingpotenzial, das aktuell aufgrund fehlender Verfahren noch nicht optimal ausgeschöpft wird. Das im Jahr 2021 gestartete und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt RECBest setzt genau hier an. Die Partner aus Forschung und Wirtschaft haben sich zum Ziel gesetzt, sichere Verfahren für die genaue Erfassung von Schadstoffen im Gebäudebestand, deren Sanierung und Abbruch sowie das Recycling zu einem hochwertigen Recyclingmaterial (RCM) zu entwickeln. Die Ergebnisse sollen im Frühjahr 2023 insgesamt vorgelegt werden. Durch erste Erkenntnisse aus Teilbereichen, u. a. mit Masterarbeiten und praktischen Versuchen, ergaben sich bereits wichtige Erkenntnisse, die in unserer Gremienarbeit bei der Normung oder durch Stellungnahmen zum Nationalen Asbestdialog und dessen Folgeaktivitäten einflossen. Es zeigt sich wieder einmal, dass es immer auf belastbare Ergebnisse praktischer Prüfungen ankommt.

Abschließend für alle, die das Thema Schadstoffbeseitigung betrifft: Wo kann man sich zum Thema und aktuellen Entwicklungen informieren und weiterbilden?

Hier verweise ich sehr gern auf die DCONex, einen Fachkongress mit Begleitausstellung, welcher alljährlich im Januar / Februar in Essen stattfindet. Der GVSS ist fachlicher Träger der DCONex, die vom 18. bis 19. Januar 2023 zum zehnten Mal durchgeführt wird. Der Fachkongress informiert über aktuelle Entwicklungen rund um das Thema Schadstoffmanagement und präsentiert das breite Themenspektrum durch Fachvorträge von Experten von Behörden, Organisationen und Verbänden praxisnah. Wir legen den Fokus auf das verantwortungsbewusste Erkennen, Bewerten, Sanieren und Entsorgen von Schadstoffen in Bauten, Böden sowie der gesamten Umwelt.

Am ersten Kongresstag (18. Januar) stehen die neuesten Entwicklungen seit der DCONex 2022 im Fokus. Darüber hinaus geht es um neue Rechtsanforderungen in der Praxis und darum, wie die Bauherrenverantwortung genutzt werden kann, um Risiko zu minimieren. Auch Anforderungen an Recyclingmaterial sowie die Sanierung von Hochwasserschäden sind Themen im Kongress. In den Blickpunkt werden sowohl Schimmel als auch Radon gestellt. Am Nachmittag des ersten Kongresstages werden Initiativen des Europäischen Parlaments zum Arbeitnehmerschutz vorgestellt.

 Geselliger Abschluss des ersten Messetages und eine gute Möglichkeit, um vertiefende Gespräche mit Partnern, Kollegen und Experten zu führen, ist der Dialog-Abend.

 Am zweiten Kongresstag (19. Januar) stehen spezielle Rechts- und Haftungsfragen im Fokus. Darüber hinaus gibt es einen aktuellen Überblick zu Forschung und Praxis bei Bau- und Abbruchabfällen. Ein Schwerpunktblock stellt PCB und chlororganische Verbindungen in den Fokus. Des Weiteren werden schadstoffarme Bauprodukte vorgestellt und die Sanierung flüchtiger organischer Verbindungen thematisiert.

Immer stärker versammeln sich auf diesem Fachforum alle Baubeteiligten, Fachämter und -Institute, Fachgutachter und Bauplaner, Auftraggeber und Ausführende, die auf dem Stand der Dinge bleiben oder zur Meinungsbildung beitragen wollen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit