Sehr geehrter Herr Hasenkamp, welche Aufgabe hat der Verband kommunaler Unternehmen und welche Funktion halten Sie inne?
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) ist die Interessenvertretung der kommunalen Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft in Deutschland. Die im VKU organisierten über 1.500 Mitgliedsunternehmen sind vor allem in der Energieversorgung, der Wasser- und Abwasserwirtschaft, der Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit sowie im Bereich Telekommunikation tätig.
Konkret im Bereich der Abfallwirtschaft begleitet der VKU die Politik- und Rechtsentwicklung, d. h. er kommentiert auf Landes-, Bundes- und Europaebene etwa neue Gesetzes- und Verordnungsentwürfe, die für die Branche relevant sind, und berät seine Mitgliedsunternehmen fachlich wie rechtlich. Ich bin Vizepräsident des VKU für die Sparte Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit und Leiter der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster.
Patrick Hasenkamp
- seit Oktober 2011: Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) für die Sparte Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit
- seit 1995: Leiter der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster
- 2017-2021: Präsisent des MWE – Municipal Waste Europe
- Studium an der Ruhruniversität Bochum
Welchen Stellenwert haben Entsorgungsdienstleistungen im Bereich der gefährlichen Abfälle für den VKU und seine Mitgliedschaft?
Die gefährlichen Abfälle aus privaten Haushalten sind ein wichtiger Abfallstrom, dem auch die gebührende Aufmerksamkeit zuteil wird. Der Stoffstrom ist zwar in der Masse kleiner als der von Grün-, Holz- und Restabfall, aber aufgrund seiner Heterogenität und Gefährlichkeit “heikel“, sein Management wird daher sehr ernst genommen. Die Mitgliedsbetriebe reagieren auf diesen Stoffstrom, indem sie fortwährend das Personal weiterbilden. Insbesondere trifft dies derzeit auf die Stoffströme der Elektroaltgeräte und Batterien zu.
Sieht die Mitgliedschaft das derzeitige eigene Angebot an Abgabemöglichkeiten von gefährlichen Abfällen für die Bürger als ausreichend an oder ist ein Bedarf zur Erhöhung des Bürgerservice vorhanden? Erhalten Sie ggf. Vorschläge/Wünsche seitens der Bürger? Wenn Bedarf besteht, welche Gründe stehen einer Umsetzung entgegen?
Jede Bürgerin und jeder Bürger muss die Möglichkeit haben, seine/ihre gefährlichen Abfälle aus privaten Haushalten auf den dafür vorgegebenen Wegen abgeben zu können. Dies scheint auch in der Praxis gut zu funktionieren, denn es erreichen den VKU kaum Beschwerden, dass es zu wenig Abgabestellen für gefährliche Abfälle bundesweit geben würde.
Natürlich wäre es durchaus wünschenswert, dass jeder Recyclinghof auch über eine entsprechende Abgabemöglichkeit für Kleinmengen schadstoffhaltiger Abfälle verfügen würde. Das scheitert in der Praxis aber oft an den örtlichen genehmigungsrechtlichen Auflagen bzw. steht das für die Annahme erforderliche Fachpersonal einfach nicht zur Verfügung.
Hier kann dann die mobile Schadstoffsammlung eine sinnvolle Ergänzung sein. In der Regel sind die lokalen Rhythmen der Sammeltermine und Standorte des Mobils aufgrund der intensiven Öffentlichkeitsarbeit in der Bevölkerung gut bekannt.
Auch hat sich, gerade in den ländlichen Bereichen, eine dann zumindest auf bestimmte Wochentage oder Tage im Monat beschränkte Annahme von schadstoffhaltigen Abfällen auf dem Recyclinghof durchaus bewährt. Mancherorts erfolgt dies durch den Einsatz eines Schadstoffmobils.
Insgesamt ist dem VKU nicht bekannt, dass die Abgabe von Schadstoffen aus privaten Haushalten ein nennenswertes Problem wäre.
Wie gehen die Kommunen mit der Annahme und Entsorgung von Lithiumbatterien/-akkus um, insbesondere E-Bike-Akkus? Können die Bürger diese an den Wertstoffhöfen abgeben? Wenn ja, welche Mengen werden pro Jahr ca. abgegeben? Wie schätzen Sie die zukünftigen Mengen ein?
Lithiumbatterien müssen besonders sorgfältig erfasst werden, weil diese durch einen Kurzschluss oder bei Beschädigung leicht Brände auslösen können. Leider kommt es deshalb immer häufiger in unseren Anlagen zu Bränden. Die richtige Entsorgung ist hier deshalb besonders wichtig. Neben der Möglichkeit, die Batterien im Handel abzugeben, sollten sie auf die Wertstoffhöfe gebracht werden. So werden Batterien dort angenommen, wo auch Elektro- und Elektronikaltgeräte abgegeben werden können. Im Allgemeinen werden von den Rücknahmesystemen für Batterien, etwa der GRS (Gemeinsames Rücknahmesystem), geeignete Behältnisse gestellt, in denen Lithium-Batterien entweder miterfasst (grünes Fass, Lithium-Batterien unter 500 Gramm gemeinsam mit anderen Gerätebatterien) oder als reine Lithium-Fraktion erfasst werden (gelbes Fass, Lithium-Batterien über 500 Gramm, ggf. auch Lithium-Batterien unter 500 Gramm). Für beschädigte Lithium-Batterien über 500 Gramm gibt es eigene Sicherheitsbehälter.
Aufgrund des zunehmenden Einsatzes von Lithiumbatterien muss den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stetig das wachsende Gefahrenpotential bewusstgemacht werden. Ferner reagieren Unternehmen auch mit Kampagnen, um auf die Gefährlichkeit solcher Stoffe hinzuweisen und die Bürger darüber aufzuklären, dass Lithium-Akkus keinesfalls über die Restmülltonne entsorgt werden dürfen. Wir appellieren hier an alle Beteiligten, sich daran zu beteiligen, die Verbraucherinnen und Verbraucher über die richtige Entsorgung aufzuklären.
E-Bike– oder Pedelec-Batterien sind nicht als Gerätebatterien eingestuft, sondern als Industriebatterien. Es besteht für diese keine Annahmepflicht seitens der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Über die genaue Zahl und Tonnage der E-Bike-Batterien ist derzeit nichts bekannt; es liegen noch keine aussagefähigen Zahlen vor.
Jedoch gibt es für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsunternehmen (örE) die Option, sich etwa bei der GRS als Sammelstelle für E-Mobility Batterien registrieren zu lassen, wodurch dann die vom örE erfassten E-Bike-/Pedelec-Batterien kostenfrei von der GRS abgeholt werden. Verschiedene örE machen Gebrauch von der Vereinbarung mit der GRS, die allerdings erst seit 2020 kommuniziert wurde und auch erst seitdem praktiziert wird.
Der – nach Eindruck des VKU – größere Teil der örE nimmt E-Bike-/Pedelec-Batterien nicht an und verweist auf den Fahrradhandel.
Wie oft im Jahr werden gefährliche Abfälle in den Kommunen „wild abgestellt“? Welche Abfälle finden Sie dann vor? Welche Gründe und auch Lösungen für das Problem sehen Sie?
Illegale Müllentsorgung, egal welcher Art, ist ein ernsthaftes Problem, das sowohl die Umwelt als auch die Gesundheit von Menschen beeinträchtigen kann. Das illegale Entsorgen von Elektroschrott, giftigen Chemikalien oder einfachem Verpackungsmaterial etc. führt zur Verschmutzung von Böden, Gewässern und Luft, gefährdet die Tierwelt und kann zu langfristigen Umweltschäden führen.
Elektrogeräte, wie alte Fernseher oder Kühlschränke oder auch alte Farbeimer, die unsere kommunalen Unternehmen bisweilen am Wegesrand oder auch im Wald finden, gehören nicht dorthin, sondern auf den Wertstoffhof und je nach Abfallart auf die dafür vorgesehene Schadstoffannahmestelle. Es ist auch wichtig zu betonen, dass illegale Müllentsorgung nicht nur von Unternehmen oder Gewerbetreibenden begangen wird, sondern auch von Privatpersonen.
Wie oft im Jahr es zu Ablagerungen gefährlicher Abfälle kommt, ist von Region zu Region unterschiedlich und kann von uns nicht in konkreten Zahlen belegt werden.
Aufgabe und Herausforderung der Kommunen ist es, Maßnahmen gegen illegale Müllentsorgung zu ergreifen, wie unter anderem die breite Bekanntmachung der Entsorgungseinrichtungen, die Erhöhung von Strafen für illegale Müllentsorgung und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Auswirkungen von illegalem Müll. Es ist zudem unerlässlich, das Bewusstsein für illegale Müllentsorgung zu erhöhen und Bürgerinnen und Bürger zu ermutigen, ihre Müllentsorgung verantwortungsbewusst und ordnungsgemäß zu handhaben.
Was ist Ihnen besonders wichtig bei der Auswahl von Dienstleistern für die Entsorgung von schadstoffhaltigen Abfällen?
Insgesamt müssen die Dienstleister natürlich eine kompetente und zuverlässige Leistung zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen erbringen. Nicht zuletzt um zu sicherzustellen, dass diese Voraussetzungen wirklich vorliegen, werden Bieter in transparenten Vergabeverfahren beauftragt. Hier ist es uns wichtig, dass es sich beim Fachbetrieb um einen zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb handelt.
In welcher Form und in welchem Umfang erfolgt Öffentlichkeitsarbeit für die gefährlichen Abfälle in den Kommunen?
Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verfügen über eine Vielzahl von Informationsmitteln, vom klassischen Abfallkalender bis zur betriebseigenen App. Die jeweilige Unternehmenswebsite ist sicherlich eine wichtige Informationsquelle, über die im Regelfall auch hinsichtlich Abgabemöglichkeiten von schadstoffhaltigen Abfällen informiert wird. Diverse Unternehmen haben auch ein Abfall-Abc entwickelt, das die Bürger über die korrekten Entsorgungswege für einzelne Fraktionen informiert. Wir beraten als VKU die kommunale Abfallberatung über unsere Abfallberatungsplattform mit Input und Möglichkeiten der Vernetzung.
Vielen Dank für das Gespräch.