Frau Blaschey, Sie sind Geschäftsführerin der SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH. Welche Funktionen erfüllt eine Sonder-Entsorgungs-Gesellschaft?
Eine Sonderabfallgesellschaft kann je nach Rechtslage verschiedene Aufgaben wahrnehmen. In Berlin und Brandenburg ist die SBB für die Bestätigung von Entsorgungsnachweisen entsprechend der Nachweisverordnung zuständig. Weiterhin ist die SBB Andienungsbehörde – sie erlässt für die Abfallerzeuger, die andienungspflichtige Abfälle entsorgen müssen, Zuweisungsbescheide auf der Basis der Sonderabfallentsorgungsverordnungen beider Länder. Weitere Aufgaben sind die Erteilung von Erlaubnissen und die Anzeigenentgegennahme zum Sammeln/Befördern, Handeln und Makeln von Abfällen, die Zustimmung zu Notifizierungen in der grenzüberschreitenden Abfallverbringung sowie die Vergabe von Ident-Nr. für das Nachweisverfahren. Neben diesen klassischen behördlichen Aufgaben informiert die SBB die Abfallwirtschaftsbeteiligten über alle mit den oben genannten Aufgaben in Verbindung stehenden relevanten Themen und ist dafür verantwortlich, dass eine Entsorgungssicherheit für die Firmen in der Region gewährleistet ist.
Wo liegen die Schwerpunkte Ihrer täglichen Arbeit? Womit setzen Sie sich thematisch intensiv auseinander?
Meine Themenschwerpunkte sind vielfältig: Die Frage der Entsorgungssicherheit steht dabei oft im Mittelpunkt, sowohl in Bezug auf die Gegenwart als auch auf die Zukunft. Dass die Abfallerzeuger jederzeit ausreichende, akzeptable und gesetzeskonforme Entsorgungswege zur Verfügung haben, ist von immens hoher Bedeutung. Dazu gilt es, die jeweilige Entsorgungssituation detailliert zu analysieren, sich intensiv mit allen Akteuren auszutauschen und um die besten Lösungen zu ringen. Es ist für mich aber genauso wichtig, dass die SBB als offene, engagierte und moderne Verwaltung agiert und wahrgenommen wird – heute und auch zukünftig. Dazu benötigen wir Mitarbeiter mit „Herzblut“, die gern bei uns arbeiten. Unsere Kommunikation in alle Richtungen muss offen und klar sein – und unsere Prozesse effizient und modern.
Ariane Blaschey
- 1987-1992 Studium zur Diplomingenieurin für Verfahrenstechnik an der Technischen Universität Dresden
- 1992-1995 Projektingenieurin im Bereich der Sonderabfallentsorgung bei einem großen Berliner Entsorgungsunternehmen
- seit 1995 in verschiedenen Positionen im Bereich Abfallwirtschaft bei der SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH in Potsdam beschäftigt
- seit 2018 Geschäftsführerin der SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH
Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Entsorgungsüberwachung für Bauabfälle, im Besonderen für teerhaltige Dachpappenabfälle und warum?
Die SBB ist nicht für die Überwachung der gefährlichen Bauabfälle zuständig. Wir agieren als Nachweis- und Andienungsbehörde immer, bevor eine Entsorgung praktisch durchgeführt wird. Wenn sich Entsorgungswege – warum auch immer – ändern, informieren wir die Beteiligten darüber und zeigen alternative Entsorgungsmöglichkeiten auf. Das ist auch bei der Teerpappenentsorgung 2018 so gewesen: In der Entsorgungskette wurde festgestellt, dass offenbar mehr Teerpappen als gedacht Asbestfasern enthalten. Und diese asbesthaltigen können nicht wie die asbestfreien Teerpappen thermisch entsorgt werden.
Um die asbesthaltigen von den asbestfreien Teerpappen zu unterscheiden, ist eine Beprobung und Faseranalytik bei der Abfallentstehung unerlässlich. Damit können die beiden Abfallströme jeweils ordnungsgemäß entsorgt und speziell die asbestfreien Teerpappen – der Großteil der Menge – wie auch bisher thermisch behandelt werden.
Wie werden Dachpappenabfälle im Bezug auf die Einschätzung ihrer Gefährlichkeit deklariert?
Dachpappenabfälle sind dann gefährlich, wenn diese mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft aufweisen. In den Ländern Berlin und Brandenburg ist dies in der Praxis der Fall, wenn bei einer repräsentativen Beprobung der Gehalt an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) mehr als 100 mg/kg – bezogen auf die Originalsubstanz – und/oder der Gehalt an Asbestfasern mehr als 0,1 Ma% beträgt.
An dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass eine thermische Behandlung nur möglich ist, wenn es sich um nachweislich asbestfreie Dachpappen handelt, insofern ist in der Hinsicht die oben genannte 0,1-Ma%-Grenze unerheblich.
Wie sollte ein Abfallerzeuger von Dachpappenabfällen im besten Falle vorgehen? Welche wichtigen Gesetze und Verordnungen sind hier besonders zu beachten?
Jeder Abfallerzeuger ist verpflichtet, seinen Abfall umfassend hinsichtlich aller möglichen Schadstoffe zu deklarieren. Es ist empfehlenswert, dass abfallerzeugende Firmen wie Dachdecker oder Abbruchfirmen dies frühzeitig tun, um danach entsprechend einen regelkonformen und schadlosen Entsorgungsweg zu suchen, aber auch um Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz festzulegen. Auf unserer Internetseite gibt es Merkblätter zur Entsorgung von Dachpappen, die sich an die Akteure richten, und die die einzelnen Schritte in der Entsorgungspraxis aufzeigen.
Wie kann die SBB dem Abfallerzeuger behilflich sein? Gibt es einen Leitfaden oder Leitlinien?
In Bezug auf die Dachpappen-Problematik haben wir eine Vielzahl von Gesprächen mit den betroffenen Abfallwirtschaftsbeteiligten geführt, um aus erster Hand zu erfahren, „wo der Schuh drückt“, die notwendigen Veränderungen erläutert und über die Hintergründe berichtet. Im Mittelpunkt stand dabei immer, dass die Entsorgungssicherheit für alle Dachpappenchargen – asbestfrei sowie asbesthaltig – gegeben sein muss. Weiterhin haben wir unser Augenmerk darauf gerichtet, wie Abläufe vereinfacht und trotzdem regelkonform gestaltet werden können. Wie schon erwähnt, gibt es auf unserer Internetseite eine Reihe von Informationen zur Entsorgung verschiedener Abfälle, u. a. natürlich auch zu Teerpappen.
Inwieweit fungiert die SBB als Mittler zwischen Abfallerzeuger und Entsorgungsfachbetrieb?
Die SBB ist nicht nur für die Entsorgungssicherheit „im Großen“ zuständig, sondern auch dann, wenn ein einzelner Abfallerzeuger keinen Entsorgungsweg hat oder findet. Insofern kann uns jeder abfallerzeugende Betrieb aus der Region kontaktieren – wir werden ihm einen Entsorgungsweg aufzeigen. Das kommt in der Regel immer dann vor, wenn es sich um sehr spezielle oder exotische Abfälle handelt, für die kein Weg „von der Stange“ verfügbar ist. Wir recherchieren dann, welche Entsorgungsanlagen aus technischer Sicht in Frage kommen oder kommen könnten und bringen die Beteiligten zusammen.
Gibt es einen Austausch zwischen den Sonderabfall-Entsorgungs-Gesellschaften in Deutschland? Wenn ja, inwiefern arbeiten Sie zusammen?
Es gibt grundsätzlich eine intensive Zusammenarbeit mit den Abfallwirtschaftsbehörden in unserer Region, aber auch mit den Behörden in angrenzenden Bundesländern, in die Abfälle aus unserer Region entsorgt werden. Und natürlich stehen wir auch mit den anderen Sonderabfallgesellschaften in Deutschland im Austausch. Man muss das Rad schließlich nicht neu erfinden.
Vielen Dank für das Gespräch!