Erst einmal herzlichen Glückwunsch, Herr Wendker. Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Was zeichnet Miele denn als Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises aus und welche besonderen nachhaltigen Initiativen hat das Unternehmen in den letzten zwei Jahren umgesetzt?
Miele hat mit seinem ganzheitlichen Ansatz überzeugt. Von der Entwicklung unserer langlebigen Produkte über die ressourcenschonende Produktion und die gelebte Verantwortung für Lieferkette und Beschäftigte bis hin zu Projekten zum zirkulären Wirtschaften. Um Ihre Frage nach den Maßnahmen kurz zu umreißen: Unsere Hausgeräte haben eine herausragende Energieeffizienz im realen Gebrauch über alle Programme hinweg. Nahezu alle Frontlader-Waschmaschinen sind in Energieeffizienzklasse A, Geschirrspüler erreichen Topwerte. Hieran haben wir die letzten Jahre gearbeitet, so dass hier Energie für Umwelt und Verbraucher eingespart werden kann.
Hinzu kam auch ein neues Consumption Dashboard in der Miele App, das Verbräuche verwendeter Programme angibt, inklusive wertvoller Tipps für effizientere Gerätenutzung, und damit hilft, bei den Endverbrauchern den Strom- und Wasserverbrauch weiter zu senken. Darüber hinaus gibt es ein Pilotprojekt zum Refurbishment, denn in den Niederlanden bietet Miele generalüberholte Waschmaschinen an und untersucht die Möglichkeiten der Weiter- oder Wiederverwendung von Material und Bauteilen.
Außerdem ist Miele in Scope 1 und 2, also im Unternehmen selbst und in der Energiebeschaffung, seit 2021 bilanziell CO2-neutral und verfolgt ambitionierte Klimaziele. Unser Ziel, die eigenen Emissionen (Scope 1) und die für Energielieferungen (Scope 2) bis 2030 um 50 Prozent im Vergleich zu 2019 zu reduzieren, haben wir bereits erreicht bzw. mit den im Jahr 2022 erzielten 52 Prozent Reduzierung übertroffen. Wir setzen verstärkt Rezyklate ein, z. B. bei Staubsauger-Zubehör und Produkt- und Versandverpackungen sowie Trockner-Bauteilen. Hier haben wir außerdem ein innovatives Fertigungsverfahren entwickelt, das 30 Prozent Material beim Trocknermodul einspart.
Zur Person: Christoph Wendker
- seit Januar 2021 Vice President Corporate Sustainability and Regulatory Affairs, Verantwortung für übergreifende Nachhaltigkeitsstrategie und Koordination Nachhaltigkeitsaktivitäten des Unternehmens
- 2012-2020 verantwortlich für Technisches Produktmanagement sowie das Umweltreferat
- seit 1988 für die Miele & Cie. KG tätig, Projektingenieur im Bereich Wäschepflege, Entwicklungsleitung für Wäschetrockner
- Studium Maschinenbauingenieur
Wie integriert Miele das Konzept der Kreislaufwirtschaft in seine Geschäftspraktiken, insbesondere im Hinblick auf Produktlebenszyklen und Ressourcenschonung?
Für Miele ist die „Circular Economy“ ein strategisches Thema, wir erproben Facetten der Kreislaufführung schon unter realen Bedingungen. So bietet Miele in den Niederlanden Kundinnen und Kunden generalüberholte Waschmaschinen an und forscht zu einer Wiederverwendung von Teilen und Materialien. In die Zukunft geschaut, möchten wir langfristig eine zirkuläre Wertschöpfungskette schaffen, in der alle Materialien, die in unseren Geräten verwendet werden, am Ende ihres Lebenszyklus in den Kreislauf zurückkehren.
Welche konkreten Maßnahmen ergreift Miele, um sicherzustellen, dass seine Produkte nicht nur während der Nutzung, sondern auch bei der Entsorgung einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen?
Nach der für die Geräte von Miele typischen langen Nutzungsphase gilt es, die Produkte über Rücknahmesysteme primär dem Recycling und weiteren Entsorgungsverfahren zuzuführen. Miele arbeitet darum aktiv daran mit, die Rücknahmesysteme kontinuierlich zu verbessern. Hierbei liegt der Fokus vor allem auf den Bereichen hochwertiges Recycling, Logistik und Umweltschutz. Bereits bei der Produktentwicklung wird die spätere Recyclingfähigkeit des Geräts mitgedacht. Beispielsweise untersucht Miele in Abstimmung mit Entsorgungsunternehmen und Betreibern von Behandlungsanlagen, welche Auswirkungen sich für die Entsorgung beziehungsweise Erstbehandlung und das Recycling der Geräte am Ende des Produktlebens ergeben können.
Unsere Haus- und Gewerbegeräte zeichnen sich durch eine hohe Recyclingfähigkeit aus. Erreicht wird dies unter anderem durch eine sorgfältige Auswahl der Materialien. Beispielsweise achtet man im Unternehmen darauf, häufig sortenreine Kunststoffe einzusetzen, um das Recyceln zu erleichtern oder überhaupt erst zu ermöglichen. Zur leichteren Demontage und Trennung des Materials wird zudem die Anzahl der Materialarten und Schraubenvarianten so gering wie möglich gehalten.
Inwiefern nimmt Miele seine Herstellerverantwortung wahr und welche Schritte unternimmt das Unternehmen, um die ökologischen Auswirkungen seiner Produktion zu minimieren?
Miele nimmt seine Herstellerverantwortung selbstverständlich an allen Standorten mit großer Sorgfalt wahr. Wir produzieren bilanziell CO2-neutral, führen Energieeffizienzmaßnahmen durch und bauen die Eigenenergieerzeugung durch regenerative Energiequellen aus. An vielen Werkstandorten haben wir Photovoltaikanlagen installiert oder bauen diese auf, zuletzt an unserem Kunststoffwerk in Warendorf, wo bald mehr als 220.000 Kilowattstunden Strom jährlich erzeugt werden, wodurch 108.000 Kilogramm Kohlendioxid eingespart werden.
Seit 2022 ist im chinesischen Miele-Werk Dongguan eine PV-Anlage mit 10.000 PV-Modulen in Betrieb. Sie deckt den Strombedarf des Werks komplett ab und spart rund 4,9 Millionen Kilogramm CO2 pro Jahr ein. Eine weitere Anlage baut Miele derzeit am polnischen Standort Ksawerów. Mehr als 3.700 Kollektoren werden dort Sonnenenergie in Strom umwandeln und so jährlich rund 1,4 Millionen Kilogramm CO2 einsparen. In Gütersloh errichtet Miele eine PV-Anlage mit 2.400 Modulen (370.000 Kilogramm CO2-Einsparung), im niedersächsischen Lehrte mit 300 Modulen (80.000 Kilogramm Einsparung) und in Arnsberg mit 90 Modulen (22.000 Kilogramm Einsparung). Alle drei Anlagen werden spätestens Anfang 2024 in Betrieb gehen.
Zusätzlich bauen wir gerade an unserem Hauptsitz in Gütersloh Geothermieanlagen auf. Ziel des Vorhabens, für das insgesamt 175 Spezialbohrungen durchgeführt werden, ist die erneuerbare Erzeugung von Wärme und Kälte für die Miele-Verwaltungsgebäude. Damit spart das Unternehmen mehr als vier Millionen Kilowattstunden Wärme aus fossilen Quellen ein – und damit rund 600.000 Kilogramm CO2.
Entstehen gefährliche Abfälle bei der Produktion oder beim End-Of-Life und wo sehen Sie Recyclingoptionen oder Chancen für Abfallvermeidung?
Für Miele ist die Einhaltung der relevanten gesetzlichen Standards selbstverständlich. Dazu gehören beispielsweise die EU-Chemikalienverordnung REACH und die EU-Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe (RoHS). Mit Analysen von Produkten und Bauteilen wird ihre Einhaltung kontrolliert.
Von allen Abfällen aus den Miele-Werken weltweit wurden in den Geschäftsjahren 2019 und 2020 insgesamt 95 Prozent verwertet. Die Menge gefährlicher Abfälle, sowohl zur Verwertung wie auch zur Beseitigung, ist im Berichtszeitraum leicht gesunken auf 2.574 Tonnen. Damit liegt sie 4,2 Prozent unter dem Vorjahreswert von 2.687 Tonnen. Die notwendige Erfassung der Abfall-Output-Ströme aus den Werkstandorten erfolgt durch die beauftragten Entsorger. Mit dem Transport gefährlicher Abfälle werden ausschließlich spezialisierte Fachbetriebe betraut – im Inland wie auch an den Standorten außerhalb Deutschlands. Miele selbst exportiert keine Abfälle.
Miele ist bestrebt, den Anteil von Rezyklaten weiter zu erhöhen. Schon heute zielt die Materialauswahl auf Verwendung von Sekundärrohstoffen und Recyclingfähigkeit. Miele-Produkte zeichnen sich durch eine hohe Recyclingfähigkeit aus. Dennoch gilt es, weitere Potenziale ausfindig zu machen. Deshalb läuft in den Niederlanden ein Projekt, bei dem Altgeräten (Waschmaschinen) die Waschmitteleinschübe entnommen werden, die aufgrund ihrer Materialzusammensetzung gut für ein Recycling geeignet sind. Das Material wird separiert und geht zu einem Recyclingunternehmen, bei dem es zu Granulat verarbeitet wird. Anhand dieses Materials erforscht Miele Qualität und Anwendungsmöglichkeiten für die Zukunft.
Auf Ihrer Unternehmens-Website klären Sie über die Altgeräte und deren korrekte Entsorgung auf: Welche Maßnahmen ergreifen Sie noch in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, damit Ihre Kunden und Kundinnen die Produkte korrekt entsorgen und kein Haushaltsgerät auf illegalen Müllplätzen landet?
Miele informiert Verbraucherinnen und Verbraucher über unterschiedliche Kanäle, Initiativen und Kampagnen darüber, wie sie Altgeräte richtig zurückgeben, damit diese umweltgerecht entsorgt werden.
Wie arbeitet Miele mit Lieferanten und Partnern zusammen, um eine nachhaltige Lieferkette zu gewährleisten, die Umweltverschmutzungen minimiert und sozialverträgliche Arbeitsbedingungen fördert?
Miele stellt hohe Ansprüche an die Qualität und Leistungsfähigkeit seiner Lieferanten, erwartet aber ebenso, dass diese hohe soziale und ökologische Standards erfüllen. Miele steuert die Auswahl neuer Lieferanten und die Überprüfung bestehender Zulieferer über ein umfassendes Lieferantenmanagementsystem.
Hierbei werden nicht nur Aspekte wie Qualität, Lieferfähigkeit und Preis geprüft, sondern auch die Einhaltung der von Miele geforderten Nachhaltigkeitskriterien. Die Erfüllung ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeitskriterien wird im Verlauf der Geschäftsbeziehung mehrmals abgefragt und überprüft. Zu Beginn des Auswahlprozesses müssen interessierte Zulieferer online eine Selbstauskunft abgeben. Fertigungslieferanten werden jährlich aufgefordert, ihre Angaben zu aktualisieren. Außerdem finden regelmäßige Audits statt. Ausschlaggebend für die Auftragsvergabe sind zunächst die Leistungs- und Lieferfähigkeit der Lieferanten.
Neben Kriterien wie der technischen Ausstattung und standardisierten stabilen Prozessen prüft der Miele-Einkauf bei der Auswahl neuer Lieferanten aber ebenso, ob diese die von Miele definierten Sozialstandards und Umweltvorgaben erfüllen. Hierzu werden alle Lieferanten, unabhängig von ihrem Standort, zur Selbstauskunft über die Einhaltung einheitlicher Nachhaltigkeitsanforderungen aufgefordert. Diese umfasst unter anderem die Bereiche Zertifizierungen, Standards und weitere Mitarbeiterthemen sowie Compliance, Korruptionsprävention, Umweltmanagement und Klimaschutz.
Die Materialgruppenmanagerinnen und -manager im Einkauf prüfen die Selbstauskünfte auf Vollständigkeit und Plausibilität. Im Falle der Nichterfüllung bekommt der potenzielle Lieferant die Chance, innerhalb einer angemessenen Frist die für eine Korrektur notwendigen Schritte zu unternehmen und so den Anforderungen doch noch zu entsprechen. Gelingt dies nicht, kommt für Miele die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung nicht infrage.
Bei allen Lieferanten, die Material für eine Produktserie liefern, werden Prozessaudits zur Sicherstellung von Leistung und Lieferfähigkeit durchgeführt. Diese finden vor Serienstart und während der laufenden Serienproduktion statt. Im Rahmen dieser Prozessaudits werden auch Nachhaltigkeitskriterien abgefragt. Besonderen Fokus legt Miele auch auf soziale Anforderungen. Alle Lieferanten weltweit müssen sich verpflichten, im eigenen Betrieb die Kriterien nach dem international anerkannten Sozialstandard SA8000 zu erfüllen und auch bei ihren Zulieferern auf deren Einhaltung zu achten. Miele ist eines der wenigen deutschen Unternehmen, die nach SA8000 zertifiziert sind.
Welche Innovationen hat Miele im Bereich nachhaltiger Produktentwicklung und Design umgesetzt, um ressourcenschonendere und umweltfreundlichere Produkte anzubieten?
Bei der Produktentwicklung legt das Unternehmen eigene Nachhaltigkeitskriterien zugrunde, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausreichen. Dabei stehen Themen wie Langlebigkeit, Recyclingfähigkeit und Reparierbarkeit sowie die Energie- und Ressourceneffizienz der Geräte im realen Gebrauch im Mittelpunkt. Ziel ist es, stets das im ganzheitlichen Sinne beste Gerät am Markt anzubieten. Daran arbeitet das Unternehmen im engen Dialog mit Verbrauchern, Zulieferern und weiteren Partnern aus Industrie, Wissenschaft und Verbänden. Auch bei der Entwicklung innovativer neuer Geschäftsmodelle mit Nachhaltigkeitsbezug setzt Miele auf Kooperation, beispielsweise mit Start-up-Unternehmen.
Wie plant Miele, seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit in Zukunft weiter zu verstärken, und welche langfristigen Ziele hat das Unternehmen im Hinblick auf Umweltschutz und soziale Verantwortung?
Seit fast 125 Jahren steht unser Familienunternehmen für solides, verantwortungsvolles Wirtschaften. Wir handeln integer, arbeiten qualitätsbewusst und stellen uns den Aufgaben unserer Zeit. Themen wie immer knapper werdende Ressourcen, Klimawandel und Verlust biologischer Vielfalt sowie die Komplexität der Lieferketten gehen wir gezielt an – mit verschiedenen Ansätzen und geleitet durch unsere Nachhaltigkeitsstrategie. Konkret wollen wir die Kreislaufwirtschaft (Zirkularität) fördern und damit auch unseren Rohstoffbedarf senken, unsere Treibhausgasemissionen verringern und arbeits- sowie menschenrechtliche Standards in unserer Lieferkette vorantreiben.
Maßnahmen zur Umsetzung wie oben beschrieben sind zum Teil schon in der Umsetzung oder gerade in Planung. Zudem haben wir uns ambitionierte Ziele gesteckt, um unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Beispielsweise wissen wir, dass unser CO2-Fußabdruck mit 83 Prozent in der Nutzungsphase (Scope 3.11) am größten ist. Diese CO2-Emissionen wollen wir bis 2030 um 15 Prozent senken (Basisjahr 2019), und zwar im realen Gebrauch über alle Programme hinweg, nicht nur im Eco-Programm. Dazu entwickeln wir Geräte sowie Programme, die Energie und Wasser sparen. Und wir setzen auf die Unterstützung unserer Kundinnen und Kunden, etwa durch Assistenzprogramme oder per App. 2022 haben wir drei Versprechen für unser nachhaltiges Handeln („Pledges“) gegeben. Zusammen mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie weisen sie uns den Weg für nachhaltige Geschäftsentscheidungen.