Seit dem 1. Januar 2024 unterliegen Abfälle gemäß dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) einer CO2-Steuer und werden erstmals als Brennstoff eingestuft. Diese nationale Regelung gilt für thermische Abfallbehandlungsanlagen und ergänzt die europäischen Verpflichtungen des Treibhausemissionshandels, die ebenfalls zum Jahreswechsel in Kraft getreten sind. Die Änderung betrifft insbesondere die Betreiber von Siedlungsabfallverbrennungsanlagen, die nun mit erheblichen Mehrkosten und bürokratischem Aufwand konfrontiert sind. Die gestiegenen Verbrennungspreise werden wiederum zu einer Erhöhung der Entsorgungskosten für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen führen.
Die CO2-Steuer beträgt in diesem Jahr 45 Euro pro Tonne und ist von der Verbrennungsanlage an den Staat zu entrichten und führt zu Aufschlägen bei den Entgelten für die Abfallverbrennung. Ab 2025 soll sie auf 55 Euro pro Tonne erhöht werden. Die absolute Höhe der CO2-Steuer variiert stark je nach Abfallart, da nur fossile Anteile berücksichtigt werden. Branchenexperten kritisieren jedoch, dass viele relevante Abfallschlüsselnummern in der BEHG-Tabelle für das Jahr 2024 fehlen, obwohl sie in der Entsorgungswirtschaft bereits Standard sind. Das Fehlen einer speziellen Abfallschlüsselnummer in der BEHG-Tabelle bedeutet, dass für diesen Abfall die CO2-Steuer zu hundert Prozent zu entrichten ist, was zu erheblichen Preisanstiegen führt .
Im Dezember 2023 hat das Gemeinschafts-Mühlheizkraftwerk Ludwigshafen GmbH (GML) eine Musterklage gegen die Bundesrepublik eingereicht. Der Geschäftsführer der GML, Dr. Thomas Grommes, argumentiert, dass eine sinnvolle CO2-Bepreisung vielmehr bei den Produkten und Abfallerzeugern erfolgen sollte, anstatt erst bei der Verbrennung am Ende der Wertschöpfungskette, wie übrigens bei allen anderen Verbrennungsverfahren. Bei der Klage erhielt die GML Unterstützung vom Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU) sowie von der Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland (ITAD).
Bereits im Oktober 2022 kritisierte die ITAD den zu diesem Zeitpunkt veröffentlichten Verordnungsentwurf und rief die zuständigen Behörden sowie Bundestagsabgeordnete dazu auf, das BEHG nicht überstürzt auf die thermische Abfallbehandlung auszudehnen. Ebenso äußerten der Bundesverband Deutscher Sonderabfallverbrennungsanlagen (BDSAV) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in einem gemeinsamen Positionspapier im Januar 2022 ihre Ablehnung, indem sie die Einbeziehung der Sonderabfallverbrennung in das BEHG bemängelten. Als Gründe führten sie unter anderem die Diversität der gefährlichen Abfälle, die hohen Zusatzkosten und die Schwierigkeiten bei der Ermittlung des biogenen Anteils an. Zudem betonten sie, dass ein CO2-Preissignal bei der Verbrennung gefährlicher Abfälle keine Lenkungswirkung hat, da Alternativtechnologien fehlen und diese Abfälle in der Regel unvermeidbar und nicht recycelbar sind.
Quellen
- BDSAV und VCI: Gemeinsames Positionspapier von BDSAV und VCI
- ITAD: Abfallentsorger reicht Musterklage gegen CO2-Bepreisung ein
- Sonderabfallwissen: Neues im Abfallrecht 2024: Die großen Vorhaben und ihre kleinen Details
- Remondis: BEHG und CO2-Bepreisung für thermische Behandlung auch für Sonderabfälle
- RECYCLING Magazin: Geplante CO₂-Steuer auf Abfälle ab Januar 2024 in Deutschland
- ITAD: Nationaler Emissionshandel: Fast 1 Mrd. € zusätzliche Belastung in 2023 für Bürger und Unternehmen ohne klimarelevante Lenkungswirkung – Appell an die Bundestagsabgeordneten zur Verschiebung