Der wesentliche Unterschied zwischen Lithium-Ionen-Batterien und Festkörperbatterien (auch: Feststoffbatterien) besteht in ihrem Aufbau: Während erstere einen flüssigen Elektrolyten als Leitmittel verwenden, verfügen Festkörperbatterien über einen festen Elektrolyten (engl. solid electrolyte – SE). Momentan gibt es drei Gruppen von SE: Oxid-Elektrolyte, Sulfid-Elektrolyte und Polymer-Elektrolyte. Weil sie keine brennbaren Flüssigkeiten enthält, bietet die Festkörperbatterie einen entscheidenden Sicherheitsvorteil gegenüber herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus, die für ihre Entflammbarkeit bekannt sind. Zudem ist sie weniger anfällig für mechanische Belastungen oder Temperaturschwankungen.
Doch nicht nur in Sachen Sicherheit punktet der neue “Wunderakku”, wie ihn einige Experten bezeichnen: Er könnte in Elektrofahrzeugen eine deutlich größere Reichweite erzielen. Die Energiedichte von Festkörperbatterien soll Experten zufolge 30 bis 50 Prozent höher liegen als bei Lithium-Ionen-Batterien. Natürlich ist ihr Einsatz nicht nur in der Elektromobilität gefragt. Auch für Roboter und Drohnen sind sie aufgrund ihrer langen Lebensdauer und dem geringen Wartungsaufwand gut geeignet. Außerdem lassen sie sich einfach miniaturisieren und sind deshalb ideal für Anwendungen, die besonders kleine Batterien erfordern.
Die breite Markteinführung von Festkörperbatterien, die in den nächsten Jahren zu erwarten ist, bringt auch einige Herausforderungen mit sich. Um Forschungserkenntnisse kritisch zu bewerten und Entwicklungspotenziale aufzuzeigen, hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) eine Roadmap für Feststoffbatterien entwickelt. Laut den Wissenschaftlern werden Feststoffbatterien zu Beginn teurer sein als Lithium-Ionen-Batterien, weil ihr Produktionsvolumen noch deutlich geringer ist. Auch die Schnellladefähigkeit sei derzeit noch dadurch begrenzt, dass die Festelektrolyte über eine geringere ionische Leitfähigkeit verfügen. Diese könnte durch Designanpassungen verbessert werden.
Ein weiteres Problem, an dem aktuell noch viel geforscht wird, ist die Bildung von kleinen Dendriten, die bei jedem Ladevorgang zwischen dem Plus- und Minuspol der Festkörperbatterien wachsen. Dadurch können sie nach einigen Ladezyklen einen Kurzschluss verursachen. Dieses Phänomen wurde am Max-Planck-Institut für Polymerforschung unter der Leitung von Rüdiger Berger intensiv untersucht, um mögliche Lösungen zur Optimierung der Lebensdauer zu entwickeln. Mithilfe einer speziellen Mikroskopie beobachteten sie den keramischen Festkörperelektrolyten. Dabei konnten sie unter anderem sichtbar machen, dass sich Elektronen beim Ladeprozess bevorzugt entlang der Korngrenzen ansammeln.
Einen entscheidenden Fortschritt in der Weiterentwicklung der Festkörperbatterie konnte das Münchner Start-up Qkera erzielen, das einen neuen Elektrolyt-Komponenten aus einer Oxid-Keramik entwickelt hat. Dieser ermöglicht die Herstellung von Batterien mit einer 30 bis 50 Prozent höheren Energiedichte als bei konventionellen Akkus. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass keine kritischen Rohstoffe verwendet werden. Zusätzlich konnte das Team ein Herstellungsverfahren mit niedrigen Produktionskosten entwickeln.
Die Forschung zu Festkörperbatterien wird durch viele weitere Initiativen vorangetrieben, die an der Lösung von aktuellen Material- und Produktionsherausforderungen arbeiten. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle der Kompetenzcluster für Festkörperbatterien (FestBatt), der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wird und über 180 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 45 Gruppen an 22 Forschungseinrichtungen in Deutschland vereint. Im Fokus ihrer Forschung steht neben der Herstellung und Optimierung von geeigneten Festelektrolyten auch die Bewertung unterschiedlicher Zellkonzepte und einer prozesstechnischen Umsetzung.
Die voranschreitenden Entwicklungen sprechen dafür, dass die Festkörperbatterien schon bald auf dem breiten Markt verfügbar sein werden – der genaue Startpunkt ist allerdings noch unklar. Internationale Automobilhersteller arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Entwicklung, um in den nächsten Jahren mit der Serienproduktion beginnen zu können. Toyota plant beispielsweise für 2027 den Verkaufsstart einer Feststoffbatterie, die zehn Minuten für eine Ladung von 80 Prozent benötigen soll und eine Reichweite von über 1.000 Kilometern verspricht.
Quellen
- Universität Gießen: Entwicklung der Festkörperbatterie beschleunigt sich
- Technische Universität München: Neue Technologie für die Festkörperbatterie
- Laserax: Festkörperbatterien kontra Lithium-Ionen-Batterien: Was ist besser?
- Fraunhofer ISI: Feststoffbatterien: Potenziale und Herausforderungen auf dem Weg zum Massenmarkt
- Max-Planck-Gesellschaft: Metallbäume in der Batterie
- FestBatt: FestBatt - Der BMBF-Kompetenzcluster für Festkörperbatterien
- Ingenieur.de: Feststoffbatterien: E-Autos mit über 1.000 km Reichweite und 500.000 km Lebensdauer möglich
- SpringerProfessional: Das müssen Sie zu Feststoffbatterien wissen
- Fraunhofer IFAM: Festkörperbatterien für die Elektromobilität
- Fraunhofer ISI: Solid-State Battery Roadmap 2035+