Rotorblätter an Windrädern im Frühling (Foto: studio-fi (iStock))
Rotorblätter von Windrädern sind für das Recycling interessant
Foto: studio-fi (iStock)

Windrad Recycling Abriss eines Rotorblattes ruft Recycling von Windrädern auf den Plan

Nachhaltige Nutzung alter Rotorblätter und Herstellung recycelbarer Rotorblätter

Gut 15 Tonnen schwer und 40 Meter lang: Ende Februar ist im Windpark Bermaringen-Temmenhausen bei Dornstädt (Alb-Donau-Kreis) der Flügel eines Windrades abgebrochen und aus 100 Metern in die Tiefe gestürzt. Menschen kamen nicht zu Schaden. Allerdings waren Verkehrsbeschränkungen die Folge. Ob, wie spekuliert wurde, tatsächlich eine Sturmböe den Flügel abgerissen hat, wird derzeit noch durch Sachverständige untersucht. Die nun anstehende Entsorgung der Trümmerteile nimmt Sonderabfallwissen zum Anlass, das in der Energie- und Entsorgungsbranche viel diskutierte Thema der Entsorgung von ausgedienten oder havarierten Windrädern genauer unter die Lupe zu nehmen.

Windkraftanlagen sind normalerweise für Windgeschwindigkeiten bis 25 Meter pro Sekunde ausgelegt. Das entspricht schweren Stürmen mit Windstärken von etwa 10 Beaufort. Weht es stärker, schalten sie automatisch ab und die Rotorblätter nehmen die Fahnenstellung ein.

Laut Bundesverband Energie (BWE) käme so ein Flügelabriss „sehr, sehr selten vor“. Eine offizielle Erfassung zu solchen Havarien existiert allerdings nicht. Nach einer internen Statistik des BWE sind seit 2005 insgesamt 38 Fälle von Rotorblattbrüchen, inklusive des jetzigen, bekannt. Im Verhältnis zu den rund 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland ist die Havariequote somit sehr gering.

Zum momentanen Zeitpunkt liegt der Flügel des Windrades – bzw. die unzähligen, bereits eingesammelten Teile, in die es durch den Sturz zerbrochen ist – immer noch am Havarie-Ort. Wegen des zu feuchten Bodens ist ein Abtransport noch nicht möglich. Für einen solchen muss das Rotorblatt in kleine Einzelteile zerlegt und das tonnenschwere, an der Windradnabe abgebrochene Anschlussstück mit einem Kran aus dem Feld gehoben werden.

Wenn das Rotorblatt transportfähig ist, wird sich eine Spezialfirma der Entsorgung annehmen. Da Windradflügel größtenteils aus einem Mix von Materialien (z. B. faserverstärkten Kunststoffen, Balsaholz, Kunststoffschaum) als Verbund bestehen, ist der derzeit gängige Entsorgungsweg die mechanische Zerkleinerung. Danach kann die Masse thermisch verwertet oder als Brennstoff und Sandsubstitut in der Zementindustrie genutzt werden. Ein weiterer Einsatzbereich von zu Granulat zerkleinerten Rotorblättern ist die Herstellung von kreislauffähigen Terrassendielen, die nach dem Ende ihrer Nutzungsdauer ebenso wieder recycelt und für andere Produkte wiederverwendet werden können.

In den nächsten Jahrzehnten erreichen viele Windenergieanlagen das Ende ihrer Lebensdauer. Dadurch ist mit großen Mengen alter Faserverbundwerkstoffe zu rechnen – für die 2030er-Jahre sagen Experten bis zu 50.000 Tonnen pro Jahr vorher. Deshalb überrascht es nicht, dass sich Unternehmen, Behörden und Forschungseinrichtungen mit nachhaltigen Recyclingmöglichkeiten auseinandersetzen. Hier geht es neben kreislaufwirtschaflichen und ökonomisch zumutbaren Standards insbesondere um Umwelt- und Sicherheitsaspekte: Bei der Zerkleinerung von Rotorblättern kann carbon- oder glasfaserhaltiger Staub freigesetzt werden, vor dem Personal und Umwelt zu schützen sind. Vor diesem Hintergrund hat das Umweltbundesamt ein Konzept für deren Wartung, Reparatur, Demontage, Vorzerkleinerung und Aufbereitung erarbeitet.

Parallel investierten Hersteller in neuartige Produktionsverfahren für vollständig recycelbare Turbinen. Im Offshore-Windpark Kaskasi bei Helgoland und im Windpark Hollandse Kust Zuid in der Nordsee sind bereits die ersten vollständig recycelbaren Rotorblätter der Welt im Einsatz. Sie unterscheiden sich beim Material Harz von herkömmlichen Rotorblättern.

Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, bringt die Relevanz verstärkter Recyclingbemühungen im Kontext der UBA-Rotorblattstudie auf den Punkt: “ […] Wir müssen ⁠Klimaschutz⁠ von Anfang an mit zirkulärem Wirtschaften verbinden. Wie für Rotorblätter gilt dies ebenso für Lithium-Ionen-Batterien, Solaranlagen oder andere Klimatechnik. Abfall zu vermeiden sollte bei jeder technischen Klimaschutzinnovation das Ziel sein. Zusätzlich müssen Recyclingkonzepte für die Produkte entwickelt werden.“

Quellen

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