Grafische Darstellung von Wasserstoff-Molekülen (Foto: anusorn nakdee (iStock))
Das Zukunftspotenzial von Wasserstoff ist hoch, aber geht auch mit Herausforderungen und Problemen einher
Foto: anusorn nakdee (iStock)

Energiewende Die Wasserstoff-Exportstrategie, der Aufbau eines tragfähigen Marktes und die Zukunftsfähigkeit von Wasserstoffautos

Im Juli hat das Bundeskabinett die „Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate“ verabschiedet. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz setzt die Strategie einen „klaren und verlässlichen Rahmen“ und gilt als „wesentlicher Baustein der deutschen Wasserstoffpolitik“. Sie soll einen entscheidenden Beitrag zum Aufbau eines tragfähigen heimischen Marktes leisten.

Der Aufbau eines tragfähigen Wasserstoffmarktes in Deutschland ist dringend geboten. Gehen Analysen doch von einem jährlichen nationalen Wasserstoffbedarf von 95 bis 130 Terawattstunden (TWh) allein bis zum Jahr 2030 aus, um die Dekarbonisierung in der Industrie zu unterstützen. Zur Veranschaulichung: Eine TWh entspricht einer Milliarde Kilowattstunden (kWH) bzw. einer Billion Wattstunden (Wh). Um diese enormen Bedarfszahlen abdecken zu können, müssen ca. 50 bis 70 Prozent (= 45 bis 90 TWh) Wasserstoff aus dem Ausland importiert werden, wobei für nach 2030 ein weiterhin steigender Importbedarf prognostiziert wird.

Die Gründe dafür sind naheliegend: Wasserstoff gilt als vielseitig einsetzbarer und sauberer Energieträger und damit als Schlüsselelement der Energiewende. Neben „reinem“, also „grünem“ gasförmigen oder flüssigen Wasserstoff, können dabei auch Wasserstoffderivate wie Ammon, Methanol, Naphta oder strombasierte Kraftstoffe und Trägermedien eingesetzt werden. Die Verwertungsmöglichkeiten sind groß: Im Mobilitätssektor (Antrieb für Kraftfahrzeuge, Züge und vereinzelt Schiffe und Flugzeuge), als Brenn-, Kühl- und Heizstoff oder als Speicher und Erzeuger elektrischer Energie.

Doch so wie das Zukunftspotenzial der Energiequelle Wasserstoff auf der Hand liegt, lassen sich gleichzeitig Probleme und Herausforderungen bei ihrer Nutzung noch nicht von der Hand weisen. Was das konkret heißt – und zwar auch für den potenziellen Kleinverbraucher – lässt sich gut am Beispiel von Wasserstoff-Brennstoffzellen für Kraftfahrzeuge festmachen.

Die Vorteile sind auch hier die des Wasserstoffs generell. Das heißt: Wasserstoff ist eine saubere Energiequelle, zu deren positiven Umwelteffekten noch unmittelbar praktische Pluspunkte für Verbraucher hinzukommen: Wasserstoff-Brennstoffzellen gelten als leistungsfähiger und effizienter als fossile Brennstoffe [interner Link: Lexikon] und punkten darüber hinaus mit langen Nutzungszeiten.

Nachteile schließt das freilich noch nicht aus. Wasserstoff muss per Elektrolyseprozess aus Wasser extrahiert oder auch von fossilen Kohlenstoffbrennstoffen abgetrennt werden. Was technologisch derzeit nur mit energieintensiven Verfahren gelingt. Hinzu kommt, dass Speicherung und Transport von Wasserstoff im Vergleich zu fossilen Brennstoffen aufwendiger ist. Nicht zu vergessen: Auch Wasserstoff ist ein hochentzündlicher Energieträger, was entsprechende Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang erfordert.

Gleichwohl herrscht weithin Konsens darüber, dass die Vorteile speziell auch von Wasserstoff-Brennstoffzellen zunehmend überwiegen werden. Natürlich wird das entscheidend von technologischen Innovationen und der Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur (Wasserstoff-Tankstellen) abhängen. Fakt aber ist: Potenziell sind Wasserstoff-Brennstoffzellen ein guter Weg zum umweltfreundlichen wie auch wirtschaftlichen Kfz-Transportmittel. Zur Illustration: Ein Kilogramm Wasserstoff enthält so viel Energie wie 3 Liter Diesel. Für 100 Kilometer liegt der Verbrauch beim PKW bei rund 1 bis 1,1 Kilogramm, beim 40-Tonnen-LKW bei ungefähr 7 Kilogramm. Das spricht für sich – und nebenher: Der Tankvorgang ist beim Wasserstoff-Auto genauso schnell und unkompliziert wie beim Benziner.

Vor dem Hintergrund der neuen Wasserstoffstrategie hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in einem Impulspapier die Kosten für Herstellung und Transport mit Blick auf grünen Wasserstoff wie auch für Wasserstoffderivate analysiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Zu diesen gehört etwa die zügige Schaffung einer angepassten Infrastruktur ebenso wie die Installierung einer flexiblen Nachfragereduzierung (Konzentration auf wirklich notwendige Wasserstoff-Anwendungen) und die Stärkung der eigenen Energiewiderstandsfähigkeit (heimische Speicherung von Wasserstoff). Tenor: Der Aufbau eines tragfähigen Wasserstoff-Energiemarktes ist nicht nur nötig, sondern auch möglich. Prof. Dr. Martin Wietschel, Leiter der Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer ISI, konstatiert, dass es jetzt vor allem darum gehen muss, „mit Exportländern gemeinsam und auf Augenhöhe Technologien und Geschäftsmodelle zu entwickeln und Risiken fair zu verteilen. Das schafft nicht nur lokale Wertschöpfung, sondern treibt zugleich lokale Energiewenden voran – und hilft am Ende vor allem auch Deutschland bei der Erreichung seiner eigenen Klimaziele“.

Quellen

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