Nachdem im Juli und August im deutsch-polnischen Grenzfluss Oder ein massives Fischsterben beobachtet wurde, dauert die Ursachenforschung weiter an. Schätzungen des Instituts für Binnenfischerei zufolge sind 200 bis 400 Tonnen Fisch bei der Umweltkatastrophe verendet. Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) machen unter anderem die für Fische giftige Algenart „Prymnesium parvum“ dafür verantwortlich, deren massive Vermehrung sie in der Oder nachweisen konnten.
Von einer rein natürlichen Ursache gehen die Forscher allerdings nicht aus: Nach neuesten Erkenntnissen sollen große Mengen Kochsalz für das Algenwachstum verantwortlich sein. Wie das Salz in den Fluss gelangen konnte, ist bislang unklar. Die Polnische Zeitung „Gateta Wyborcza“ berichtete, dass das staatliche Bergbau-Unternehmen KGHM im polnischen Glogau zwischen dem 29. Juli und dem 10. August salzhaltiges Wasser mit behördlicher Genehmigung aus einem Klärbecken in die Oder geleitet haben soll. Dies könnte laut Experten des IGB zu einer Verstärkung des Fischsterbens beigetragen haben. Das Brandenburgische Umweltministeriums hatte zudem mitgeteilt, dass erhöhte Pestizid-Werte des Wirkstoffs 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure in der Oder nachgewiesen worden seien. Die Dosis sei zwar für Fische nicht unmittelbar tödlich, habe aber dennoch Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen.
„Nach allem, was wir wissen, gab es einen menschengemachten Eintrag“, teilte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in einer Presseaussendung mit. Das Problem werde durch zusätzliche Faktoren wie Hitze und niedrige Wasserstände verschärft. Nach dem Fischsterben sprach sich Lemke daher für den Stopp des Ausbaus der Oder aus, der auf der polnischen Seite stattfindet. Stattdessen forderte sie Renaturierungsmaßnahmen, um den Artenreichtum wiederherzustellen. Lemke und ihre polnische Amtskollegin Anna Moskwa haben bei einem Spitzentreffen in Bad Saarow angekündigt, dass ein Expertenteam aus beiden Ländern bis die Ursache für das Fischsterben herausfinden soll.
Der inzwischen erschienene Bericht des Umweltbundesamtes bestätigt, dass ein sprunghaft gestiegener Salzgehalt und in der Folge (gemeinsam mit noch anderen Faktoren) die massive Vermehrung einer für Fische giftigen Algenart die wahrscheinlichste Ursache für das Fischsterben gewesen sei.
Quellen
- Umweltbundesamt: Oder-Fischsterben: Eingeleitetes Salz führte zur Massenvermehrung giftiger Alge
- rbb24: Landeslabor ermittelt erhöhte Pestizid-Werte in der Oder – Polen spricht von "Fake News“
- Süddeutsche Zeitung: Polens Regierung spricht von "Fake News" aus Deutschland
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: Forscher weisen große Mengen an Algengift in der Oder nach
- Tagesschau: 25 bis 50 Prozent der Fische verendet
- Zeit Online: Wasser aus der Oder kann wieder genutzt werden
- Welt: Kochsalz in der Oder führte zu tödlichem Algenwachstum
- Tagesschau: Experten sollen Grund für Fischsterben klären
- rbb24: Lebende Fische und Flusskrebse in der Oder nachgewiesen